ADB:Hauff, Wilhelm

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Artikel „Hauff, Wilhelm“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 48–49, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hauff,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 12:45 Uhr UTC)
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Hauff: Wilhelm H., Romandichter, wurde am 29. November 1802 zu Stuttgart, wo damals sein Vater Regierungssecretär war, geboren. Nachdem er in den J. 1820–24 im Seminar zu Tübingen das Studium der Theologie absolvirt hatte, fand er in dem Hause des Kriegsrathspräsidenten Freiherrn von Hügel zu Stuttgart eine Anstellung als Hauslehrer und bekleidete diese Stelle, die ihm Zeit zum Beginnen seiner schriftstellerischen Laufbahn ließ und auf seine gesellige Bildung von sehr vortheilhaftem Einflusse war, bis ins J. 1826. In diesem Jahre erlaubte ihm der Ertrag seiner litterarischen Arbeiten eine Reise nach Paris und nach Norddeutschland. In das Vaterland zurückgekehrt, übernahm er die Redaction des „Morgenblattes“, starb aber schon ein Jahr darauf, am 18. November 1827, zu Stuttgart. Das erste Werkchen, mit welchem H. öffentlich auftrat, ist der „Märchenalmanach“ (Stuttgart 1826), zugleich diejenige seiner poetischer Leistungen, in welcher sein eigentliches Dichtertalent sich am reinsten und von Fremdartigem und Zufälligem ungetrübtesten ausgesprochen hat, so daß dieser Almanach und zumal dessen Vorrede nebst den zwei späteren Jahrgängen (1827 und 28) als das Eigenthümlichste und Vollendetste, was er geschrieben, anzuerkennen ist und auch in der Folgezeit hauptsächlich seinen Ruf aufrecht erhalten wird. Unmittelbar auf den ersten Märchenalmanach folgten die „Mittheilungen aus den Memoiren des Satan“, 1826. Die barocke Studentenwelt, von deren Anschauung der junge Mann eben erst herkam, gab ihm hier vielfache Gelegenheit, sein Talent für den Humor, so weit das äußerlich Lächerliche seinen Gegenstand ausmacht, zur Geltung zu bringen. Auch ließ sich hier die phantastische Idealität, mit welcher der Verfasser bisher so glücklich gewesen [49] war, noch ohne Gefahr für die Poesie mit der Realität verschmelzen. Weniger gelang dem noch allzu erfahrungslosen jungen Manne in dieser Schrift die Persiflage des übrigen geselligen Lebens, und einen sehr ungründlichen Angriff auf Goethe und seinen Faust nahm er später als seicht und unziemlich sogar öffentlich zurück. Indessen verschafften diese Memoiren dem Verfasser schnell einen ausgebreiteten Ruf und nun wagte er sich auf einen schlüpferigen Pfad, der ihn zwar sehr schnell zum Ruhme führte, auf die Ausbildung seines Talentes aber eher nachtheilig, als vortheilhaft wirkte. Besonnenere freilich sahen in dem berühmten Romane Hauff’s „Der Mann im Mond“ (Stuttg. 1826) nicht sowol eine Satyre auf die der Geißel kaum werthe Manier des Pseudonymus Clauren, als einen Versuch, sich in der Darstellungsweise des modernen Tagesromans zu üben, die Caricatur und einzelne satyrische Züge wären eine Zuthat, die das Ganze würzten, ohne es doch in seinem Inneren zu etwas Anderem zu machen, als zu einer der besten Modelectüren, und der einzige Zwang nur, den man in diesem leichten Werke bemerkt, ist die Mühe, die sich der Verfasser oft geben muß, nicht geistreicher zu sein, als sein Vorbild. Trotz allen Beifalls, den diese Schrift bei dem großen Publicum erhielt, fühlte jedoch H. selbst, was er sich gegenüber denjenigen schuldig sei, die ernstere Rechenschaft von dem Schriftsteller fordern, er griff Clauren in seiner durch vortrefflichen Stil und durch eine würdige Gesinnung nicht minder als durch beißenden Witz und ächten Humor ausgezeichnete „Controvers-Predigt“ (Stuttgart 1827) auf eine gründlichere und entschiedenere Weise an, machte aber durch den Contrast, in welchem der neue Angriff mit jener früheren Caricatur der Clauren’schen Manier stand, diese letztere nur um so mehr verdächtig. Eine ungemein günstige Aufnahme fand sein „Lichtenstein“ (1826) bei allen Gebildeten in ganz Deutschland und verdiente sie auch. Der Roman hat bei vielen Mängeln so überwiegend große Schönheiten und es ist der Keim zu so viel Gutem darin, daß dieses Werk zu den besten Hoffnungen berechtigte, welche sein früher Tod vernichtet hat. Die Phantasie des jungen Dichters nahm einen freien, an ihren ersten Aufschwung in den Märchen erinnernden Flug in den „Phantasien im Bremer Rathskeller“, mit welchen er noch im Herbste 1827, wenige Wochen vor seinem Tode, „Freunden des Weines“ ein Geschenk machte, eine litterarische Leistung, die nebst der Vorrede zu den ersten Märchen als das beste erscheint, was H. gedichtet hat. Auch unter seinen „Novellen“ (1828) finden sich einzelne gelungene Arbeiten; wir rechnen dazu „Das Bild des Kaisers“, eine Erzählung, in welcher so viele historische und poetische Wahrheit zugleich enthalten und die Darstellung so ganz von der eigenthümlichen Grazie des Verfassers beseelt ist, daß man sie unter die bleibenden Producte seines Geistes zählen darf. Unter seinen lyrischen Poesien zeichnen sich einzelne Gedichte vortheilhaft aus und sind volksthümlich geworden, wie sein „Steh’ ich in finstrer Mitternacht“ und das (jedoch nach einem älteren Vorbilde gedichtete, vgl. Wagner’s Archiv I. 514) prächtige Reiterlied „Morgenroth, Morgenroth, leuchtest mir zum frühen Tod!“, das er wie in Vorahnung eines frühen Todes geschrieben und in welchem die Wehmuth, aber auch die Poesie und Schönheit des Abschieds in voller Kraft klingt. Seine sämmtlichen Werke (durch G. Schwab, Stuttg. 1830 u. ö.) sind so eben (1879) besorgt durch Ad. Stern und illustrirt durch Holzschnitte und Holzschnitttafeln (Berlin, 4 Bde.) neu herausgegeben worden.

Nekr. v. G. Schwab in Bd. I v. Hauff’s Sämmtl. Schriften. Zeitgenossen. Dritte Reihe I. 1829. Goedeke, Gr. III. 597–99. Jul. Klaiber in d. litt. Beil. des Staatsanzeigers f. Württemb. 1877, S. 401 ff., 417 ff.